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Unser Branchenfokus ist die Lebensmittel- und Getränkeindustrie

_cersovskyEffizienz –
Ein überaus wichtiges Handlungsfeld für
die Zukunftssicherheit jedes Unternehmens.

Was sind die größten Herausforderungen gerade für die Handelsmarkenhersteller?

Geschäftsführer Oliver Cersovsky: Ganz eindeutig der stetig steigende Wettbewerbsdruck und damit Kostendruck. Das spiegelt sich quer über die ganze Süßwarenindustrie. Einzig die reinen Markenhersteller können sich dem etwas entziehen. Zu dem Kostendruck kommen noch sehr kurze Umsetzungszeiträume getrieben durch die Discounter dazu.

Sehen Sie hier eine Entschärfung in den nächsten Jahren?

Nein, definitiv nicht. Die hohe Konzentration seitens des Handels wird bleiben bzw. eher noch leicht zunehmen. Auf der Herstellerseite wird die Konzentration über z.B. Zusammenschlüsse weiter Jahr für Jahr steigen. Gerade als Gegenpool zum Handel ist man gezwungen weiter zu wachsen. Stillstand heißt Rückschritt. Durch steigenden Umsatz wird ja auch z.T. versucht sinkende Margen gerade bei Eckartikeln auszugleichen.

 

Welche Maßnahmen können von unternehmerischer Seite dagegen unternommen werden?

Zum einen der Fokus auf Margenstarke Artikel und zum anderen in der Erhöhung der Produktivität bzw. durch kontinuierliche Kostenreduktion. Da wir historisch bedingt vom Saisongeschäft kommen versuchen wir auch unsere Ganzjahresartikel zu stärken. Unternehmen der Süßwarenindustrie die z.B. nur im Ganzjahresgeschäft tätig sind versuchen im Gegensatz dazu etwas in das Saisongeschäft zu kommen, da die Verbraucher meist nur entweder einen Osterhasen oder eine Schokoladentafel kaufen.

Was unternehmen Sie, um die Produktivität zu verbessern?

Unser Ziel ist die Kostenführerschaft für unsere Kernartikel. Wir streben dazu eine Produktivitätsverbesserung von mindestens 3-4 % pro Jahr an. Es kann auch gern etwas mehr sein. Dazu haben wir seit gut einem Jahr die Initiative „Schoko 2025“ zusammen mit Bausch Food Consulting initiiert, die sich sehr gut entwickelt.

 

_logo_schoko2025Was bedeutet diese Initiative „Schoko 2025“ konkret für die operative Ebene?

Generell ist es immer wichtig, die qualitativ richtigen Mitarbeiter an der für Sie richtigen Stelle zu haben. Neben den sozialen Kompetenzen spielt die Umsetzungskraft eine entscheidende Rolle. Als eine weitere Priorität sehe ich das Messen der Leistung, also das Verwenden von Kennzahlen. Für die permanente Verbesserung der Kennzahlen müssen die Führungskräfte nach vorne schauen und in Lösungen denken. Dabei spielt es keine Rolle, welche Fehler gestern gemacht wurden. Ein weiterer Schritt ist die Einführung einer Problemlösekompetenz, also das Lösen der Ursachen und nicht das Doktern an den Auswirkungen. Nur dann schaffe ich es nachhaltig die Probleme zu lösen. Gerade das fällt uns in der täglichen Hektik manchmal noch schwer. Weiter spielen natürlich die Reduktion von Rüstzeiten, die systematische Reduktion von Verlusten und die Erhöhung der Anlagenleistung eine wichtige Rolle. Standardisierung der Arbeit sowie das Schaffen von effizienten Arbeitsplätzen und die Einführung von 5S sind ebenso von Bedeutung. Und nicht zu vergessen die Investition in Trainings für die Mitarbeiter.

 

Wie wichtig ist die Einbindung aller Mitarbeiter bzw. die Übertragung von Verantwortung bis an die Linie?

Absolut wichtig! Der Chef kann nicht alles wissen, entscheiden und umsetzen. Die Einbindung der Mitarbeiter muss bis ins letzte Glied in der Kette erfolgen. Dabei ist es klar, dass es nicht einfacher wird, je weiter es an die Linie geht. Aber jedem muss klar sein, dass es nur im Team auf Dauer funktioniert.

 

Wie erreichen Sie das?

Die Mitarbeiter müssen eingebunden und ernst genommen werden. Wir erreichen dies unter anderem durch effizient organisierte, tägliche Leistungsbesprechungen (Shopfloormanagement). Auch hier geht es um Kennzahlen und um Aktionen die sofort von den Mitarbeitern initiiert werden, wenn was nicht gut funktioniert. Dieses Einbinden bzw. Übertragen von Verantwortung mag am Anfang etwas Zeit kosten, aber die Probleme lösen sich nicht von alleine –aussitzen geht also nicht. Gerade wenn man die letzten 15% der Produktivität haben möchte.

 

Inwieweit spielen fehlerfreie Geschäftsprozesse hier eine Rolle?

Fehlerfrei wäre super, ich sage lieber immer Fehlerarme Prozesse. Aber natürlich ist das eine Voraussetzung für eine hohe Produktivität. Was man intern durch Fehler in den Prozessen an Produktivität kaputt macht, darf nicht unterschätzt werden. Auch hier unterstützt uns Herr Josef Bausch indem die Prozesse gemeinsam optimiert werden.

 

Wie fangen Sie saisonbedingte Auftragsspitzen personell ab? Arbeiten Sie an dieser Stelle mit externen Dienstleistern zusammen und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Eine flexible Personalplanung, gerade wenn man im Saisongeschäft tätig ist, geht fast nur über Arbeitnehmerüberlassungen. Letztendlich steigere ich auch hier die Effizienz und kann mich zudem auf meine Kernkompetenzen konzentrieren.

 

 

Zitat Oliver Cersovsky: „Mit der Einführung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses „Schoko 2025“ hat sich die EFFIZIENZ signifikant erhöht.“

operative_exzellenzMit operativer Exzellenz dem Wettbewerb einen Schritt voraus

Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen

Autoren: Josef Bausch (MBA), Prof. Dr. Thomas Wunder

Eine groß angelegte Studie in der Ernährungsindustrie hat gezeigt, dass sich herausragend erfolgreiche Unternehmen u. a. durch operative Exzellenz in allen Effizienzfeldern und Organisationsbereichen auszeichnen. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Erfolgsfaktoren dar, mit denen sich die besten Unternehmen von ihren Wettbewerbern abheben. Es werden konkrete Handlungsempfehlungen aufgezeigt, wie die Effizienz in der Praxis nachhaltig verbessert werden kann.

1. Effizienz – ein wichtiger Wettbewerbsfaktor in der Ernährungsindustrie

Der deutsche Verbraucher gibt im Durchschnitt weniger als 12% seines Konsumbudgets für Essen und Trinken aus. Konsumenten in Italien und Frankreich hingegen investieren beispielsweise gut 20% für Lebensmittel und Getränke. Betrachtet man zudem die Lebensmittelpreise in Deutschland, so zählen diese zu den niedrigsten innerhalb von Westeuropa. Ein Grund hierfür liegt in der starken Verhandlungsmacht des Handels. Rund 5.700 Lebensmittelhersteller sehen sich fünf großen Einzelhändlern gegenüber, die 75% des Markts auf sich vereinen. Zudem ist die Branche durch stetig steigende Rohstoff- und Energiekosten geprägt. Die Rahmenbedingungen dieses hartumkämpften Markts werden sich nach Ansicht der Lebensmittel- und Getränkehersteller in Zukunft tendenziell sogar noch verschärfen.
Für viele Unternehmen führt dies schon heute zu sinkenden Umsatzrenditen und damit zu einem geringeren finanziellen Spielraum für z. B. Ersatzinvestitionen, Kapazitätserweiterungen, Innovationen, Werbung oder die Erschließung neuer Märkte. Vor diesem Hintergrund ist das Realisieren von Effizienzvorteilen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor in der Ernährungsindustrie. Für einige Unternehmen wird das Erreichen eines wettbewerbsfähigen Effizienzniveaus sogar zur Überlebensfrage. Was sind die Erfolgsfaktoren, die es beim Streben nach operativer Exzellenz zu beachten gilt? Auf welche Methoden können Unternehmen zurückgreifen, um  Effizienzvorteile zu realisieren? Mögliche Antworten auf diese Fragestellungen werden nachfolgend unter Rückgriff auf eine aktuelle empirische Untersuchung zu Strategieprozessen und Erfolgsfaktoren in der Ernährungsindustrie aufgezeigt.

 

2. Empirische Untersuchung

Die dem Beitrag zugrunde liegende Befragung wurde von November 2012 bis April 2013 online zu den Themen Strategieprozess, Innovation, Effizienz und Nachhaltigkeit durchgeführt (vgl. Wunder/Bausch, 2013). Es haben 104 Unternehmen der Ernährungsindustrie aus fünf großen Branchengruppen teilgenommen: Getränke (29%), Kulinarik (26%), Backwaren / Süßwaren (16%), Milchwirtschaft / Speiseeis (16%) sowie Fleischwaren (13%). Damit ist die Management-Studie die derzeit größte branchenübergreifende Erhebung zu Strategieprozessen und Erfolgsfaktoren in der Ernährungsindustrie im deutschsprachigen Raum.
80 % der Teilnehmer haben weniger als 1.000 Mitarbeiter, je 10% haben 1.000 – 2.500 bzw. über 2.500 Mitarbeiter. 75% der teilnehmenden Führungskräfte kommen aus der Geschäftsführung ihres Unternehmens, 11% aus Produktion und Technik, 11% aus Marketing und Vertrieb, 3% aus F&E. Fast alle Teilnehmer kommen aus Deutschland (6% aus Österreich und 3% aus der Schweiz). Es haben 59% Familienunternehmen, 30% Kapitalgesellschaften und 11% Genossenschaften teilgenommen. Die im Beitrag dargestellten Ausführungen basieren auf den Teilergebnissen der Studie zum Thema „Effizienz“ und sind mit Praxisbeispielen und Handlungsempfehlungen aus eigenen Erfahrungen der Autoren angereichert.
In der Studie haben sich zwölf Referenzunternehmen herauskristallisiert, die drei Jahre in Folge sowohl ihren Umsatz als auch ihren Gewinn stärker steigern konnten als ihre Wettbewerber. Diese Unternehmen werden im Folgenden als „Champions“ bezeichnet. Die Gruppe der Champions setzt sich aus Lebensmittel- und Getränkeherstellern unterschiedlicher Branchengruppen, Größenklassen und Rechtsformen zusammen.

 

Abb01

3. Champions setzen auf allen Effizienzfeldern Maßstäbe

Bezogen auf operative Exzellenz sind die Champions auf allen abgefragten Effizienz-Feldern deutlich besser positioniert als die restlichen Unternehmen (vgl. Abb.1). Die deutlichsten Unterschiede gibt es in den Feldern Working Capital, Produktivität und Verluste. Hier geben nahezu alle Champions an sehr gute bzw. gute Ergebnisse zu erreichen, während nur knapp jedes zweite Unternehmen der Nicht-Champions dies von sich behaupten kann. Ähnlich deutlich sieht der Unterschied in den Bereichen Führungsverhalten, Produktkosten und Arbeitssicherheit aus. Die kleinste Differenz zeigt sich auf dem Gebiet der Kundenreklamationen, wo sich ein Großteil der Studienteilnehmer relativ gut positioniert  sieht. Hier geben alle Champions und rund drei Viertel der Nicht-Champions an, sehr gute bzw. gute Ergebnisse zu erzielen. Hinsichtlich der Effizienzfelder „fehlerfreie Prozesse“ und „kurze Durchlaufzeiten“ signalisieren die Studienergebnisse sowohl bei den Champions als auch Nicht-Champions noch Handlungsbedarf. Rund 25% der Champions sehen sich hier schlecht bzw. sehr schlecht positioniert. Bei den Nicht-Champions sind es jeweils zwei von drei Unternehmen.

 

4. Der Weg zur operativen Exzellenz:

Erfolgsfaktoren der Champions

Was machen die Champions anders auf dem Weg zur operativen Exzellenz? Wie gelingt es ihnen, sich nicht nur in einigen ausgewählten Effizienzfeldern, sondern an allen Fronten der operativen Exzellenz abzuheben? Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurden auf Basis der Studienergebnisse sechs Erfolgsfaktoren abgeleitet (vgl. Abb.2), die nachfolgend dargestellt und anhand von Praxisbeispielen und eigenen Erfahrungen illustriert werden.

 

Fokus auf kontinuierliche Verbesserung

„Kontinuierliche Programme schlagen einzelne Projekte“. Dieser häufig propagierte Leitsatz hat sich auch in der vorliegenden Studie als Erfolgsfaktor herauskristallisiert. Sind Unternehmen nur auf einzelnen Effizienz-Feldern sehr gut positioniert, so zeigt dies i.d.R., dass diese Firmen ihren Fokus über eine bestimmte Zeit speziell auf diese Teilgebiete gelegt haben. Aufgrund eines akuten operativen Handlungsbedarfes, wie bspw. häufiger Anlagenstörungen oder steigendem Rework bzw. wiederholter Qualitätsprobleme, haben diese Unternehmen spezifische Verbesserungsprojekte initiiert und erfolgreich abgeschlossen. Im Gegensatz dazu zeigen die Champions nicht nur auf einigen Gebieten Spitzenleistungen, sondern sind auf allen Feldern ihren Mitbewerbern deutlich überlegen (vgl. Abb.1).

Darüber hinaus geben über 90% der Champions an, ihre operativen Kennzahlen wie Anlagenstörungen, Reklamationen, Produktionsverluste oder Instandhaltungskosten kontinuierlich zu verbessern. Bezüglich Working Capital und Durchlaufzeiten gelingt dies bei rund zwei Drittel der Champions. Betrachtet man die Fähigkeit zur kontinuierlichen Verbesserung bei den restlichen Unternehmen, so zeigt sich bei allen Kennzahlen eine deutliche Diskrepanz zu den Champions. So können beispielsweise nur rund 65% der Nicht-Champions von sich behaupten, ihre Anlagenstörungen und Reklamationen stetig zu verbessern. Bei den Durchlaufzeiten sind es nur rund 29%.

Abb02

 

Schaffen einer gemeinsamen Ausrichtung (Masterplan)

82% der Champions erarbeiten ihre operativen Ziele und Projekte im Team (Masterplan). Eine teambasierte Kontrolle der Zielerreichung und Projektumsetzung praktizieren 91% der Champions. Im Gegensatz dazu erfolgt die Ziel-/Projekterarbeitung und –kontrolle nur bei jedem 2. Unternehmen aus der Gruppe der Nicht-Champions (vgl. Abb.4). In der Praxis nutzen erfolgreiche Unternehmen der Ernährungsindustrie u.a. das Instrument des „Masterplans“, um eine gemeinsame Ausrichtung auf die vom jeweiligen Bereich beeinflussbaren wesentlichen operativen Stellhebel zu schaffen.  Ein Masterplan ähnelt methodisch dem Balanced Scorecard-Ansatz. Er wird im Führungskreis des jeweiligen Bereichs gemeinsam erarbeitet und enthält neben Prioritäten (Perspektiven), Haupteinflussgrößen (Driver), Kennzahlen und Ziel-/Istwerten auch die Projekte, die zur Zielerreichung verfolgt werden und in Zukunft geplant sind (vgl. Abb. 3).

Der Masterplan wird i.d.R. für die regelmäßigen Management-Besprechungen herangezogen. Hier werden u. a. der Status der jeweiligen Projekte abgefragt, neue Projekte hinzugenommen oder nicht mehr relevante Projekte entfernt. Durch einen Soll-/Istvergleich im Team kann früh erkannt werden, ob man hinsichtlich der definierten Ziele bzw. Kennzahlen auf dem richtigen Weg ist oder ob Korrekturmaßnahmen erforderlich sind. Damit „lebt“ der Masterplan und unterstützt das Management hinsichtlich kontinuierlicher Verbesserung.

Die Anzahl der Masterpläne sind je nach Unternehmensgröße unterschiedlich. Kleine und mittelständische Unternehmen verfügen ggf. über nur einen Masterplan, während größere Unternehmen Masterpläne für jede Hauptabteilung (z. B. Produktion/Technik, Marketing, Vertrieb, Supply Chain etc.) und Produktionsstätte haben können.

Abb04

 

Verbindlichkeit und Commitment auf allen Ebenen

Bei 73% der Champions kennen die Produktionsmitarbeiter ihren Beitrag zu den Abteilungszielen und wirken bei der Kennzahlenverbesserung mit (Verantwortung). In der Gruppe der Nicht-Champions sind es nur 37% bzw. 28% (vgl. Abb. 4). Unternehmen gelingt es durch systematisches Kaskadieren, die jeweils relevanten Stellhebel auf den verschiedenen Ebenen zu identifizieren. Hierzu werden die gesetzten Ziele und Kennzahlen – z. B. aus einem übergeordneten Masterplan – systematisch bis auf Shop-Floor-Ebene heruntergebrochen (vgl. Abb.5). Verbindlichkeit entsteht u.a. dadurch, dass ausgewählte Mitarbeiter nachgelagerter Einheiten (z.B. Abteilungsleiter „Pulver“) in die Erarbeitung von Steuerungsgrößen der nächsthöheren Ebene (z.B. Produktionsstätte bzw. Werk) eingebunden sind. Anschließend wird im Team, z.B. der Abteilung „Pulver“, ermittelt, welchen Beitrag die Mitarbeiter für die Erreichung der relevanten übergeordneten Ziele und Kennzahlen leisten können. Die personelle Verzahnung der Ebenen im Kaskadierungsprozess („Linking-Pin-Prinzip“) fördert das Verständnis und die Akzeptanz für die relevanten Steuerungsgrößen.

Die wichtige Einbindung der Mitarbeiter sollte sich dabei nicht nur auf den Erarbeitungsprozess beschränken. Unternehmen schaffen Verbindlichkeit und Commitment auf allen Ebenen u.a. dadurch, dass sie die relevanten Steuerungsgrößen als Grundlage für regelmäßige kennzahlenbasierte Besprechungen ihrer Teams nutzen (vgl. Abb.5). Dadurch werden die Aufmerksamkeit und die Ressourcen im gesamten Unternehmen kontinuierlich auf die zur Erreichung operativer Exzellenz wichtigsten Stellhebel gelenkt (vgl. Doppler/Lauterbach, 2008, S.356). Bezüglich der Performance Review Besprechungen auf Shop Floor-Ebene signalisieren die Studienergebnisse noch Handlungsbedarf. Lediglich 55% der Champions und 44% der Nicht-Champions geben an, dass es in ihren Abteilungen kennzahlenbasierte Besprechungen gibt.

Für die verwendeten Kennzahlen gelten dabei eine Reihe von Regeln. Sie sollten für die Abteilung wichtig, vom Mitarbeiter beeinflussbar, einfach, sofort verfügbar und ausgeglichen sein. Letzteres bedeutet, dass es mehrere Perspektiven gibt, z.B. Arbeitssicherheit, Kosten, Qualität, Service und Motivation. Im besten Fall sollen die Kennzahlen von den Mitarbeitern selbst gemessen werden können. Durch die visuelle Darstellung z. B. mit Farben, Piktogrammen oder mit Kaskadierungsbäumen wird die schnelle Informationsaufnahme sowie das Verständnis aller Mitarbeiter gefördert (vgl. Mayer, 2013, S. 461f.).

Je nach Unternehmensebene erfolgen die kennzahlenbasierten Team-Besprechungen täglich (z.B. Shop-Floor), wöchentlich (z.B. Produktionsstätte bzw. Werk) oder monatlich (z.B. Hauptabteilung oder Gesamtunternehmen). Damit dies möglich ist, müssen alle relevanten Steuerungsgrößen auf Abteilungs bzw. Shop-Floor-Ebene täglich ermittelt und für die gemeinsamen kennzahlenbasierten Besprechung zur Verfügung gestellt werden. Durch die regelmäßige Auseinandersetzung mit den Kennzahlen im Team übernehmen die Mitarbeiter Verantwortung, leisten einen Teil ihres eigenen Controllings selbst und machen sich immer wieder bewusst, welchen Beitrag sie in ihrem Bereich zum Erreichen eines unternehmensweit exzellenten Effizienzniveaus leisten. Dies schafft Motivation und Verbindlichkeit (vgl. Herzberg, 2003), setzt allerdings voraus, dass die Mitarbeiter auch zur Verbesserung „ihrer“ Kennzahlen in der Lage sind. Hier kommt die Rolle des Vorgesetzten ins Spiel.

Abb05

 

Rolle des Vorgesetzten als Coach

Je komplexer eine Aufgabe ist, desto weniger kann der Vorgesetzte der „Alleswisser“ sein. Vielmehr muss er durch sein Führungsverhalten seine Mitarbeiter dazu befähigen, relevante Kennzahlen selbst erfolgreich zu verbessern oder auftretende Probleme selbst lösen zu können. Bezüglich des Aspekts „Exzellentes Führungsverhalten“ geben 91% der Champions an, sehr gut bzw. gut positioniert zu sein. Bei den restlichen Unternehmen sind es dagegen nur 53% (vgl. Abb.1). Darüber hinaus setzen 73% der Champions auf „Coaching als zentrales Element zur Mitarbeiterentwicklung“,  im Gegensatz zu 46% bei den Nicht-Champions (vgl Abb.6).

Coaching bedeutet, jemanden zu unterstützen, um selbst Probleme zu lösen. Dadurch ändert sich mit der Zeit auch die Rolle des Vorgesetzten. Er wird mehr Coach als Entscheider sein. Gleichzeitig wird die Führungskraft entlastet und kann sich noch mehr darum kümmern, ihren Mitarbeitern Hürden aus dem Weg zu räumen und sich mehr im voraus um Verbesserungen bis hin zur strategischen Weiterentwicklung ihrer Abteilung, ihres Werks oder Unternehmens zu kümmern. Erfahrungsgemäß fällt dieser Rollenwechsel den Vorgesetzten oft schwerer als den Mitarbeitern, die nun mit in die Verantwortung genommen werden und sich dadurch auch persönlich weiterentwickeln. Gerade beim Streben nach kontinuierlicher Verbesserung ist dies sehr wichtig. Einige Unternehmen haben das genannte Rollenverständnis bei ihren Vorgesetzten derart umgesetzt, dass eine Teilnahme von Abteilungsleitern an den täglichen kennzahlenbasierten Besprechungen der Abteilungen gar nicht mehr erforderlich ist. In diesen Fällen ist die Verantwortungsübernahme der Mitarbeiter in den Tagesablauf eingebaut.

 

Etablierung einer ausgeprägten Problemlösekultur

Tritt im operativen Tagesgeschäft ein Effizienzproblem auf, dann nimmt man sich nicht immer die Zeit, systematisch die Grundursache zu analyieren. Gerade von Vorgesetzten erwarten die Mitarbeiter häufig, dass diese schnell eine Lösung parat haben. Bei Unternehmen mit wenig ausgeprägter Problemlösekultur wird dann ein elementar wichtiger Schritt, nämlich die Analyse der Grundursache, häufig übersprungen. In diesen Fällen ist eine kontinuierliche Verbesserung nur schwer zu realisieren.
82% der Champions geben im Gegensatz zu 36% der Nicht-Champions an, eine ausgeprägte Problemlösekultur (Grundursachenfindung) im Unternehmen umgesetzt zu haben (vgl. Abb.6). In der Praxis spricht man von einer Problemlösekultur, wenn mindestens ca. 60-70% der Mitarbeiter regelmäßig an systematischen Problemlösezyklen beteiligt sind. Ein Problemlösezyklus beinhaltet mindestens eine Problemdefinition, Analyse der Grundursache, Auswahl der besten Lösung, Umsetzung und Kontrolle, ob das Problem „für immer“ gelöst wurde. In der Regel ist hierfür mehr Zeit erforderlich als für eine einmalige Problemlösung i.S. einer „Feuerlöschaktion“. Allerdings schafft man es meist nur mit Hilfe von systematischen Problemlösezyklen, den Großteil der Probleme nachhaltig zu lösen und langfristig weniger Verluste bzw. mehr Einsparungen und mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten zu haben. Dies signalisieren auch die Studienergebnisse. Rund drei von vier Champions geben an, kontinuierlich ergebniswirksame Einsparungen zu erzielen im Vergleich zu 44% der Nicht-Champions.(vgl. Abb.6)

Eng verbunden mit Gedanken einer nachhaltigen Lösung von Problemen ist der Umgang mit den sogenannten „Best-Practices“, die bei den genannten Problemlösezyklen sehr oft entstehen. 64% der Champions setzen auf einen ausgeprägten Best-Practice Transfer (vgl. Abb.6). Bei den Nicht-Champions sind es 40%. Gerade bei größeren Unternehmen spielt dies eine wichtige Rolle, da damit „das Rad nicht immer wieder neu erfunden werden muss“.

 

Absolute Kundenorientierung in allen Bereichen

Die Ernährungsindustrie ist in vielen Bereichen durch eine zunehmende Varientenvielfalt geprägt. Endverbraucher erwarten heute bei vielen Produkten eine große Auswahl an unterschiedlichster Geschmacksrichtungen, Inhaltsstoffe (z.B. Bio-Qualität, Fairtrade, diverse Fettgehaltsstufen etc.), und Verpackungsgrößen. Für die Hersteller reduzieren sich durch die Kundenanforderungen tendenziell die Losgrößen von Jahr zu Jahr. Darüber hinaus kämpfen die Handelsketten als wichtigster Abnehmer speziell bei den Frischeprodukten seit geraumer Zeit um jeden zusätzlichen Tag „Haltbarkeit“. Für die Hersteller ist dies eine besondere Herausforderung, da sie häufig mit Rohstoffen, Halbfabrikaten sowie Fertigprodukten mit z.T. sehr kurzen Haltbarkeiten arbeiten. Unter diesen Gesichtspunkten steigt die Notwendigkeit, die Durchlaufzeiten stetig zu reduzieren. Eng damit verbunden ist die Reduktion der Downtimes sowie die Optimierung der Produktionsplanung. Die Studie zeigt, dass sich Champions hier deutlich von den Nicht-Champions unterscheiden. 72% der Champions geben an, über kurze Durchlaufzeiten zu verfügen. Beim Rest sind es nur 37%. Darüber hinaus geben fast alle Champions an, ein niedriges Working Capital zu erreichen. Bei den restlichen Unternehmen gelingt dies mit 40% nicht einmal jedem zweiten Unternehmen. Demnach sind die Champions der Vermeidung von Lagerbeständen bspw. in Form von Rohwaren-, Zwischen- oder Fertigwarenlagern – ein Merkmal von operativer Exzellenz – deutlich näher als die Nicht-Champions. Zudem geben rund zwei Drittel der Champions an, sowohl Durchlaufzeiten als auch Working Capital kontinuierlich zu verbessern. In der Gruppe der Nicht-Champions gelingt dies nur rund 30%. Vor diesem Hintergrund überrascht es auch nicht, dass  Champions so gut wie keine Kundenreklamationen haben, was bei den verbleibenden

Unternehmen nur 76% von sich behaupten können (vgl. Abb.1).

Unternehmen der Ernährungsindustrie, die alles Denken und Handeln am Kunden ausrichten, gelingt es, Material und Informationen, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge, mit der richtigen Qualität an die richtige Person bzw. den richtigen Ort zu liefern. Dies sind bekannte Kriterien von Weltklasseprozessen (vgl. Glahn, 2007). Voraussetzung hierfür ist, dass die Prozesse fehlerfrei ablaufen. 73% der Champions im Verhältnis zu 35% der Nicht-Champions geben an, über „fehlerfreie Prozesse“ zu verfügen (siehe Abb.1). Hierbei wird heute zunehmend eine End-to-End-Betrachungsweise eingenommen, bei der Prozesse nicht an Bereichsgrenzen aufhören, sondern abteilungsübergreifend einer logischen Abfolge von Tätigkeiten zur Leitsungserstellung für einen Kunden folgen (vgl. Bergsmann, 2012). Vor diesem Hintergrund arbeiten Mitarbeiter in Unternehmen der Ernährungsindustrie zunehmend auch in den zentralen und administrativen Bereichen kontinuierlich an der Optimierung ihrer Abläufe. 55% der Champions geben an, dass auch die zentralen Bereiche regelmäßig ihre Prozesse optimieren. Bei den restlichen Unternehmen sind es 32%.

Wie lassen sich die dargestellten sechs Erfolgsfaktoren in der Praxis umsetzen? Zur Beantwortung dieser Fragestellung wird nachfolgend auf eine Vorgehensweise zurückgegriffen, die sich aus eigenen Erfahrungen als sinnvoll erwiesen hat. Der dargestellte Ablauf (vgl. Abb. 7) berücksichtigt die in der Studie identifizierten Erfolgsfaktoren und ist unabhängig von der Unternehmensgröße und den spezifischen Effizienzzielen anwendbar.

 

Abb06

 

Schritt 1:
Initiierung und Bewusstseinsbildung

Vor dem Start eines Effizienzsteigerungsprogramms ist es wichtig, die konkreten Ziele bzw. die zu betrachtenden Effizienzfelder festzulegen. Streben Unternehmen nachhaltig ein hohes operatives Exzellenzniveau an, so durchlaufen diese i.d.R. alle vier Phasen. Andere dagegen fokussieren zunächst auf Phase 1 und 2 mit dem Ziel, kurzfristig Einsparungen und Verbesserungen zu erzielen. In beiden Fällen muss zu Beginn die notwendige Akzeptanz bei den jeweiligen Betriebs- bzw. Abteilungsleitern und beim Betriebsrat hergestellt werden. Insbesondere sollte das angestrebte Verbesserungsvorhaben bei den Führungskräften nicht als Vorwurf interpretiert werden, in der Vergangenheit etwas falsch gemacht zu haben. Auch kann es zweckmäßig sein, mit einem Pilotbereich zu starten, dessen Vorgesetzte offen für Neues sind und als Multiplikatoren für andere Bereiche fungieren können. So wird der Ressourceneinsatz begrenzt und eine Überfrachtung der Organisation verhindert. Schritt 1 endet mit einem gemeinsam erstellten Projekt-Design (Konzept) sowie zugehörigen Kick-off Präsentationen und Kurzschulungen.

 

Schritt 2:
Potenzialanalyse und Quick Wins

Die Potenzialanalyse wird mit 5-6 Führungskräften des jeweiligen Bereiches durchgeführt und dauert erfahrungsgemäß rund 2-3 Wochen. Durch die Einbindung nutzt man das vorhandene Wissen, schafft Transparenz, erhöht den Umsetzungserfolg, entwickelt die Führungskräfte weiter und schafft insgesamt eine positive Resonanz für die anstehenden Effizienzverbesserungen. Während der Potenzialanalyse werden Untersuchungen zu unterschiedlichen Themen durchgeführt. Typischerweise beinhaltet dies eine Verschwendungsanalyse, Wertstromanalyse (vgl. Womack/Jones, 2004, S. 271f.), Engpass- und Auslastungsstudien, sowie Studien zur Reduzierung von Downtimes (vgl. Shingo, 1985, S. 33f.). Zusätzlich werden mittels Interviews und gemeinsamen Betriebs- bzw. Abteilungsbegehungen Verbesserungspotenziale aufgedeckt. Dabei werden kurzfristige Verbesserungen/Einsparungen sofort umgesetzt (Quick Wins) und mittel- bzw. langfristige Verbesserungsprojekte initiiert. Für eine gemeinsame Ausrichtung und die effektive Umsetzung des aufgedeckten Verbesserungspotenzials, wird im Anschluss an die Analyse im Team ein Masterplan erarbeitet (vgl. Abb. 3).

 

Schritt 3:
Kontinuierliche Verbesserung

Hauptbestandteile eines kontinuierlichen Programmes sind neben dem Masterplan kennzahlenbasierte Besprechungen bzw. Performance Dialoge (vgl. Mayer, 2013, S. 462) in allen Abteilungen. Dabei beginnt man mit der gemeinsamen Erarbeitung der Agenda, Spielregeln und relevanten Kennzahlen sowie der zugehörigen Visualisierungsprinzipien. Ein weiteres Element sind Aktionswände zur Nachverfolgung kurzfristiger Maßnahmen. Darüber hinaus ist es erforderlich, einen Prozess zur Problemeskalation festzulegen. Teams dokumentieren bspw. die von ihnen nicht lösbaren Probleme auf einer Tafel, die dann in der Besprechung auf nächsthöherer Ebene bearbeitet und anschließend wieder in das Team zurückgegeben wird. Tagesbesprechungen erfolgen i.d.R. im interdisziplinären Team aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen. Die intensive Schulung der Vorgesetzten zu den Themen Coaching, situatives Führen und Change Management ist ein weiteres wichtiges Element innerhalb des kontinuierlichen Ansatzes. Parallel dazu sollte man mit der Etablierung der Problemlösekultur beginnen. Dabei ist die Einführung unterschiedlicher Vorgehensweisen für unterschiedliche Schwierigkeitsgrade von Problemen zweckmäßig. Bei der niedrigsten Schwierigkeitsstufe, wo die Lösung klar auf der Hand liegt, muss sofort eine Aktion definiert und diese nachverfolgt werden (z.B. Aktionswand in der kennzahlenbasierten Besprechung). Beim zweiten Schwierigkeitsgrad sollten mindestens zwei Mitarbeiter mit einem kurzen formalisierten Vorgehen der Grundursache auf die Spur gehen (max. 1 Stunde). Dagegen ist es bei der höchsten Komplexität ratsam, z.B. einen Basis Six Sigma DMAIC (Define, Measure, Analyse, Improve, Control) zu starten. Bei den DMAIC`s arbeitet ein Team von ca. 5-6 Mitarbeitern für einen längeren Zeitraum an der nachhaltigen Lösung des Problems (vgl. Womak/Jones, 2004, S.241; Bobke/Hiroshi/ Hammarström, 1996, S.43). Je nach Priorität bzw. dem Projekt-Design startet man meist etwas zeitversetzt mit den Prozessoptimierungen durch die eigenen Mitarbeiter in der Produktion und den Zentralbereichen. In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie spielen hierbei die Optimierung der  Produktionsplanung sowie die Reduktion von Durchlaufzeiten auf Basis von Wertstromanalysen eine besondere Rolle. Auf Shop-Floor-Ebene steht i.d.R. eine Reduktion von Rüstzeiten für alle Hauptlinien bspw. mit Hilfe der SMED-Systematik (Single Minute Exchange of Die) auf der Agenda.

Insgesamt ist für die Einführung eines kontinuierlichen Verbesserungsprogramms, unter Berücksichtigung der genannten Erfolgsfaktoren, in einem ausgewählten Bereich mit einer Dauer von ca. 2- 3 Monaten zu rechnen. Während dieser Zeit ist der erforderliche Ressourceneinsatz deutlich höher als in der darauffolgenden Realisierungsphase. Bis sämtliche Elemente zum Selbstläufer werden, vergehen erfahrungsgemäß ca. 1-2 Jahre. Bei kontinuierlichen Verbesserungsprogrammen sollte das Top-Management permanent Ergebnisse i.S. eines  Return on Investment und einer stetigen Weitentwicklung der Fähigkeiten der Mitarbeiter einfordern. Dann sind jährliche Einsparungen von bis zu 1,5 – 3,5% des Umsatzes möglich, wie sie in einschlägigen Pressemitteilungen und Geschäftsberichten von Unternehmen wie Unilever, Nestlé oder Heineken berichtet werden. Erfahrungsgemäß werden in einem effektiven kontinuierlichen Programm auch nicht-monetäre Kennzahlen, wie z.B. Reklamationen, Arbeitsunfälle und Case Failure Rate sowie die Fähigkeiten der Mitarbeiter stetig verbessert.

 

Schritt 4:
Rollout

In vielen Fällen wird ein Teil der Einsparungen aus der „Potenzialanalyse und Quick Wins“ (Schritt 2) für das Aufsetzen eines kontinuierlichen Verbesserungsprogramms (Schritt 3) investiert. Je nach Projekt-Design ist es aber auch möglich, nach Schritt 2 einen Rollout der Potenzialanalyse in die anderen Abteilungen bzw. Werke durchzuführen, um auch dort kurzfristige Verbesserungen (Quick Wins) zu erzielen. Der Schritt in die kontinuierlichen Verbesserung kann dann zu einem späteren Zeitpunkt oder auch gar nicht erfolgen. Dieses Vorgehen ist dann zu empfehlen, wenn aufgrund der Wettbewerbssituation kurzfristige Einsparungen im Vordergrund stehen.
Strebt man dagegen nach kontinuierlicher Verbesserung, so müssen alle vorher genannten Elemente in die dafür vorgesehenen Abteilungen und Werke (Projekt-Design) ausgerollt werden. Dieser systematische Rollout kann in einer Roadmap illustriert werden, so dass die anstehenden Abteilungen/Werke frühzeitig wissen, wann sie an der Reihe sind. Es besteht jetzt der Vorteil, dass bereits Erfahrungen in den Referenzabteilungen vorliegen und diese auch besichtigt werden können. Gleichzeitig helfen die positiven Meldungen aus den Pilotbereichen, Akzeptanz für den Rollout im gesamten Unternehmen zu schaffen.

 

6. Fazit

Unternehmen müssen auf verschiedenen Effizienzfeldern Spitzenleistungen erbringen, um sich in ihrer Wettbewerbsarena zu behaupten. Dass dies unabhängig von der Unternehmensgröße und -form zu schaffen ist, zeigen die Champions in beeindruckender Weise. In der vorliegenden Studie aus der Ernährungsindustrie haben sich sechs Erfolgsfaktoren herauskristallisiert, auf die es ankommt. Operative Exzellenz lässt sich nachhaltig nur durch die kontinuierliche Bearbeitung aller Effizienzfelder sowie die zielgerichtete Einbindung und Entwicklung möglichst vieler Mitarbeiter und Führungskräfte erreichen. Hierzu können Führungs- und Steuerunginstrumente wie bspw. Masterpläne oder kennzahlenbasierte Besprechungen einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass für eine substanzielle und nachhaltige Steigerung der Umsatz- und Ertragsstärke neben operativer Exzellenz auch die strategische Positionierung eine wichtige Rolle spielt. Unternehmen sind hier gut beraten, einen Teil der Einsparungen aus ihren Effizienzsteigerungsprogrammen in Innovationen, Marken und internationales Wachstum zu investieren. Letztlich ist es die Kombination aus herausragender Effizienz und einer schlagkräftigen Strategie, die auf Dauer einen Spitzenplatz im Wettbewerb sichert (vgl. Wunder/Bausch, 2014, S. 54).

 

Die Ernährungsindustrie sieht in Produktinnovationen einen wichtigen Faktor für ihren langfristigen Erfolg. Herausragende Unternehmen unterscheiden sich besonders in den frühen Phasen des Innovationsprozesses von ihren Wettbewerbern. Gerade hier sind die gezielte Gestaltung und Steurung der Innovationstätigkeit maßgeblich für den Erfolg.

 

Es ist eine signifikante Stagnation in der Lebensmittelindustrie zu beobachten:
Seit über fünf Jahren wächst die deutsche Ernährungsindustrie preisbereinigt nicht mehr. 95 Prozent der Lebensmittel- und Getränkehersteller in Deutschland haben weniger als 250 Beschäftigte (vgl. BVE 2014a). Für den Großteil dieser Unternehmen ist die Erschließung globaler Absatzmärkte nur eingeschränkt möglich. Die industriespezifische Exportquote liegt bei etwa 30 Prozent, und über 80 Prozent der Exportprodukte werden innerhalb der EU verkauft (vgl. BVE 2014b, S. 11-18). Auch Akquisitionen als Wachstumsquelle scheiden aufgrund finanzieller Restriktionen in den meisten Fällen aus.

Um innerhalb Westeuropas zu wachsen, gibt es daher nur zwei dominante Wege: zum einen über konkurrenzfähige Preise, die wiederum auf exzellenten operativen Prozessen der Unternehmen basieren, zum anderen über die Differenzierung im Geschäftsmodell oder den Produkten, was durch effektive Strategiearbeit und einen effizienten Innovationsprozess erreicht werden kann.

Erfolgreichen Unternehmen gelingt es, ihren Wettbewerbern durch gezielte Gestaltung und Steuerung dieser Prozesse in beiden Feldern einen Schritt voraus zu sein (vgl. Wunder/Bausch 2014, S. 56). Selbst für Unternehmen, die nur ihren Status quo halten wollen, steigt aufgrund der Marktdynamik und kurzer Produktlebenszyklen die Notwendigkeit, ihr Produktportfolio kontinuierlich zu verbessern. Wie sieht ein effektiver Innovationsprozess in der  Ernährungsindustrie aus und welche Rolle spielt dabei das Controlling?

 

Radikale versus inkrementelle Innovationen

Generell wird zwischen radikalen Innovationen und inkrementellen, das heißt schrittweise erfolgenden Innovationen unterschieden. Letztere nennt man in der Ernährungsindustrie auch „Renovationen“. Vom Markt bzw. vom Endkunden aus betrachtet sind radikale Innovationen stets Produktneuheiten, die ein neues Segment oder gar einen neuen Markt generieren. Sie werden vorwiegend von Großunternehmen verfolgt (vgl. IVV/WZW 2010, S. 7) und basieren meist auf langfristigen Investitionen in beispielsweise eigene Produkt- und Technologiezentren sowie Kooperationen mit Forschungseinrichtungen.

Darüber hinaus stützen sich viele radikale Innovationen auf eine Kombination von Produkt- und Prozessinnovationen. So hat Nestle seine Kompetenz der Pulverisierung und Sofortlöslichkeit von Milchpulver auf Kaffee übertragen und 1938 erstmals den löslichen „Nescafe“ in der Schweiz angeboten (vgl. Maucher 2007, S. 129). Beispiele für radikale Innovationen sind auch die Herstellung von alkoholfreiem Bier, wie es in Deutschland erstmals unter dem Namen „Clausthaler“ auf dem Markt kam, das Produkt „Becel pro.activ“ von Unilever oder „Nespresso“ von Nestle.

 

Inkrementelle Innovationen hingegen sind stetige und schrittweise Verbesserungen von bestehenden Produkten beispielsweise hinsichtlich Qualität, Geschmack, besserer Handhabung, Zusatznutzen oder Packstoffen. Unternehmen versuchen so, ihr Portfolio in kleinen Schritten schneller als ihre Wettbewerber zu erneuern. Gerade für den Handel ist es wichtig, immer wieder Verbesserungen zu präsentieren. Dabei können – wie auch bei radikalen Innovationen – aktuelle Trends wie z. B. Gesundheit, Convenience, Genuss oder Regionalität Auslöser sein (vgl. Nestlé 2009). Die so entstehenden Produktkonzepte sind meist Erweiterungen einer bestehenden Linie und bilden damit kein neues Segment und auch keinen neuen Markt. Das Unternehmen Dr. C. Soldan brachte beispielsweise mit „Traube-Aronia“ eine neue zuckerfreie Variante von Em-eukal auf den Markt (Geschmack und Gesundheit) und die Firma albi vergrößerte die Öffnung ihrer Fruchtsaftpackung, um den Anforderungen der Fluggesellschaften Rechnung zu tragen (Convenience). Vor dem Hintergrund der eingangs skizzierten strukturellen Besonderheiten kann man sagen, dass in der Ernährungsindustrie die Verbesserung bereits bestehender Produkte die eigentliche Innovationstätigkeit darstellt (vgl. Stockmeyer/Weindlmaier 1999, S. 2). Im Vergleich zu radikalen Innovationen ist die Entwicklung inkrementeller Innovationen in der Regel mit deutlich weniger Risiken verbunden, bedarf einer niedrigeren Forschungskompetenz und erfordert deutlich geringere Investitionen seitens der Unternehmen. Allerdings sind bei inkrementellen Innovationen meist auch deutlich geringere wirtschaftliche Effekte zu erwarten als bei radikalen Innovationen (vgl. Nagji/Tuff 2012, S. 70).

 

Ablauf eines effizienten Innovationsprozesses

Ein effizienter Innovationsprozess ist grundsätzlich sowohl für radikale als auch inkrementelle Innovationen anwendbar. Dabei sind u.a. folgende Ziele zu beachten:

  • Es sind kontinuierlich brauchbare Ideen in der Innovationspipeline,
  • Produktkonzepte sind auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt, erfüllen die Geschäftserwartungen und leisten damit einen erheblichen Beitrag für die Zukunftssicherheit des Unternehmens,
  • Risiken werden klar beurteilt,
  • Kosten laufen nicht aus dem Ruder,
  • Projekte kommen nicht in Verzug oder zum Abbruch. Über die Hälfte der Nahrungsmittelhersteller beklagt, dass jedes zweite bis dritte ihrer Produktentwicklungsvorhaben abgebrochen wird (vgl. Wunder/Bausch 2013, S. 58).

 

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Abbildung 1 zeigt einen für die Ernährungsindustrie typischen Innovationsprozess sowie die zugehörigen Effizienzkriterien. Demnach sollte zunächst innerhalb eines strategischen Rahmens (Fokus) eine breite Palette von Ideen generiert werden. Eine effiziente Priorisierung soll weiter sicherstellen, dass nur die vielversprechendsten Ideen – d. h. jene mit dem größten Geschäftsbeitrag und den besten Erfolgsaussichten – weiter bearbeitet werden und letztlich schnell auf den Markt gelangen (Speed to Market). Dies wird im dargestellten Beispiel mit einem sogenannten Stage-Gate-Ansatz unterstützt (vgl. Cooper 2000). In den einzelnen Phasen (Stages) werden die Projekte bearbeitet, während in den Toren (Gates) definierte Punkte abgefragt und geprüft werden. Hier sollte das Controlling gemeinsam mit den  Geschäftsverantwortlichen – vor dem Hintergrund der angestrebten Innovationsziele – die Bewertungskriterien der „Go/Kill“-Entscheidungen in den Gates festlegen. Das Resultat jedes Gates ist eine Entscheidung über die Fortführung einer Idee bzw. eines Projekts sowie die Priorisierung bei mehreren genehmigten Ideen / Projekten. Dies kann operativ durch das Controlling unterstützt werden, in dem es wichtige Informationen bereitstellt.

 

Vergleicht man das Innovations-Management besonders erfolgreicher Unternehmen („Champions“) mit den restlichen, so zeigen sich einige Besonderheiten (vgl. Wunder/Bausch 2013, S. 62). Wie Abbildung 2 zeigt, ergibt sich der größte Unterschied bei dem Punkt „Ideengenerierung“, welcher im Innovationsprozess die Phase nach der Innovationsstrategie darstellt. Danach kommen  „Kundenverständnis“ und „Produktdefinition an Kunden- / Marktanforderungen orientiert“. Beide Punkte werden in der Ernährungsindustrie häufig mit dem Begriff „Customer Insight“ zusammengefasst. Auch hinsichtlich der Innovationsstrategie zeigen sich klare Unterschiede. Rund 75 Prozent der Champions sehen darin eine Stärke. Bei den restlichen Unternehmen ist es nicht einmal die Hälfte. Damit wird deutlich, dass wirtschaftlich sehr erfolgreiche Nahrungsmittelhersteller die frühen Phasen eines Innovationsprozesses deutlich besser umgesetzt haben als die restlichen Unternehmen. Andere Untersuchungen zeigen ebenso einen überdurchschnittlich hohen Einfluss der frühen Phasen auf den Innovationserfolg (vgl. Cooper 2003).

 

Innovation_Lebensmittelindustrie_abb2

 

Worauf es in den drei frühen Phasen ankommt

Die frühen Innovationsphasen, Strategie, Ideengenerierung und Konzept, dauern länger, kosten weniger und erfordern mehr Kreativität. Hier wird entschieden, welche Projekte in die Entwicklung gehen. Gerade die Qualität der Idee und des Konzeptes bestimmen maßgeblich den späteren Markterfolg. In den frühen Phasen ist der Einfluss auf die späteren Herstellungskosten außerdem deutlich höher. Zudem können mögliche Pro-bleme bei der Produktspezifikation zu teuren Nachbesserungen in der Entwicklungsphase führen. Nachfolgend wird beschrieben, worauf es in den frühen Phasen des Innovationsprozesses ankommt (vgl. Abbildung 3).

Innovationsstrategie
Mit der Innovationsstrategie geben Unternehmen die grobe Richtung vor, in welchen Bereichen Ideen und Produktkonzepte generiert werden sollen. Diese werden häufig auch als „strategische Suchfelder“ bezeichnet. Sie kanalisieren als inhaltliche Schwerpunkte die Ideenfindung und fokussieren die Ressourcen auf die wesentlichen Themen:

In welchen Märkten und Segmenten sind beispielsweise profitable Wachstumsmöglichkeiten für das Unternehmen vorhanden?
Bei welchen erfolgskritischen Produktbereichen oder Marken ist die Innovations-Pipeline nicht gut gefüllt?
Welche schwer lösbaren Produktprobleme wurden lokalisiert, die innovativ bearbeitet werden müssen?

Zur Erarbeitung strategischer Vorgaben greifen viele erfolgreiche Unternehmen der Ernährungsindustrie auf einen systematischen Strategieprozess zurück (vgl. Wunder/Bausch 2014). Das Controlling kann hier als Prozesstreiber sowie als Analyst bezüglich Märkten, Segmenten und Mitbewerbern fungieren. Auch können Verbesserungspotenziale bezüglich Produkteigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten z. B. durch eine enge Zusammenarbeit mit ausgewählten Verbrauchern und dem Handel identifiziert werden. Diese Erkenntnisse bilden dann wiederum die Grundlage für eine kreative Ideenfindung. Die systematische Wettbewerbsanalyse ist ein weiterer wichtiger Aspekt innerhalb der Innovationsstrategie. So kann es mit einem verbesserten Produkt nicht profitabel sein, in ein Segment vorzustoßen, das schon von mehreren namhaften Mittbewerbern besetzt ist. Auf der anderen Seite kann beobachtet werden, welche „neuen“ Produkte die Branche hervorbringt und welchen Trends sie folgt.

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Ideenfindung
Erfolgreiche Unternehmen der Ernährungsindustrie tragen der Wichtigkeit früher Phasen im Innovationsprozess dadurch Rechnung, dass sie die Verantwortung für die zwei Phasen der Ideengenerierung und der Konzepterstellung in die Hände eines Teams (Konzeptgruppe) legen. Das Team hat unter anderem die Aufgabe, sogenannte „Customer Insights“, also fundiertes Wissen über den Markt bzw. das Segment, über Kundenbedürfnisse, Kundenwahrnehmungen sowie über Trends zu erwerben, um mit dem Wissen die Ziele aus der Innovationsstrategie effizienter und effektiver umsetzen zu können. Dies beinhaltet z. B. die Verkostungen und Diskussionen mit Konsumenten sowie eine Analyse des Tagesablaufs ausgewählter Verbraucher, um damit konkrete Wünsche zu identifizieren. Die Konzeptgruppe entwickelt sich dabei stetig weiter. Eine weitere Besonderheit der Ernährungsindustrie ist die Wichtigkeit der Sensorik. So hat die richtige Wahl vor allem der Geschmacksrichtung, des Geruchs und auch der Farbe einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg eines neuen Produkts. Neben der Kundensicht ist ein klares Verständnis relevanter Ernährungstrends erforderlich. So führt etwa ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein zu einer höheren Präferenz von fettarmen, zucker- bzw. salzreduzierten oder natürlicheren Nahrungsmitteln. „Functional Food“ ist ein Resultat dieser Gesundheitsbewegung. Die Konzeptgruppe soll über ihre gewohnten Segmente oder Märkte hinausschauen. So kann das Verfolgen anderer Lebensmittelbranchen, anderer geographischer Märkte oder sogar anderer Industrien – wie beispielsweise der Pharmaindustrie –
Inspirationen für neue Produktideen liefern.

Erfahrungsgemäß steigt die Erfolgsrate mit der Einführung von Konzeptgruppen signifikant. Große Unternehmen haben oft pro Business Unit ein derartiges Team, bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) genügt in der Regel eine Konzeptgruppe für das Unternehmen. Das Team setzt sich, je nach Größe, z. B. aus einem Produktentwickler (Produktdesigner) und einem Verpackungsspezialisten zusammen und wird zeitweise ergänzt durch Mitarbeiter aus Marketing und Vertrieb sowie Köchen, Trendscouts und Technikern. Die Konzeptgruppe moderiert unter anderem den Ideenworkshop. Dazu werden passende Teilnehmer aus dem Produktumfeld und eventuell auch aus dem Lieferanten- bzw. Kundenkreis eingeladen. Neben den strategischen Vorgaben, werden im Workshop Ideen und Informationen (sogenannte „Impulse“) aus unterschiedlichen Quellen, wie z. B. Außendienst, Reklamationen, Messen und Fachkonferenzen sowie Verbänden, Forschungseinrichtungen und Lieferanten genutzt. Am Anfang des Workshops steht die sogenannte „analytische Phase“, in der ein gemeinsames Problem- und Zielverständnis hergestellt wird. Danach sammelt man in der „kreativen Phase“ Ideen mittels verschiedener Kreativitätsmethoden. Das Ziel der Konzeptgruppe ist es, anschließend mit den besten Ideen im ersten Gate („Go to Concept“) die Genehmigung für die Erarbeitung eines Produktkonzepts von einem interdisziplinären Entscheidungsgremium zu bekommen. Dieses prüft, wie gut die Idee in das strategische Suchfeld passt („Strategischer Fit“), ob die Idee technisch umsetzbar ist bzw. wie hoch die notwendigen Investitionskosten wären („Techn. Machbarkeit“), welche groben Absatzmengen und Umsätze zu erwarten sind, mit welchen Mitbewerbern man zu rechnen hat und welche groben Risiken das Unternehmen damit eingeht. Die Risikobewertung wird sinnvollerweise durch einen hochrangigen Vertreter des Controllings – in KMU meist der kaufmännische Geschäftsführer – als Teil der Gate-Kommission unterstützt.

Konzepterstellung
Bei der anschließenden Konzepterstellung erfolgt die Ausarbeitung eines detaillierten Produktkonzepts zu jeder Idee. Vor dem Hintergrund der anvisierten Zielgruppe beschreibt ein Produktkonzept alle relevanten Produkteigenschaften wie Geschmack, Konsistenz, Farbe, Fettgehalt, Zusätze, Claim oder Haltbarkeit (Mindesthaltbarkeitsdatum). Darüber hinaus umfasst es Überlegungen zur Positionierung des Produkts im Markt
(z. B. Marke oder Private Label, Verwendung) sowie die Konzeption der Verpackung (z. B. Material, Größe, Gebinde, Deklaration) und Überlegungen zur Herstellung (z. B. Rezeptur, Verfahren, Kosten, Kapazitäten, Investitionen). Für die Konzeptentwicklung und die Überprüfung beim zweiten Gate werden zusätzlich auch Punkte erarbeitet, die thematisch einem Marketingplan zuzuordnen sind: Preis, Kommunikation, Distribution bzw. Vertrieb. Bei der Konzeptentwicklung können aus einer Idee grundsätzlich mehrere Produktkonzepte entstehen. Das Ziel von Produkt- / Markttests besteht zum einen darin, die Produktkonzepte mit den größten Marktchancen zu identifizieren, zum anderen in einer Identifizierung von Schwächen bzw. Verbesserungsmöglichkeiten (vgl. Erichson 2000). Den Tests mit Konsumentengruppen in beispielsweise Versuchsküchen kommt hier eine große Bedeutung zu. In möglichst realistischen Lebensräumen wird beobachtet, wie die Kunden Produkte handhaben und welche Probleme dabei auftreten. Danach können in der Regel klare Präferenzen und Verbesserungen abgeleitet werden. Durch das Wissen der Konzeptgruppe bezüglich Customer Insights werden von erfolgreichen Unternehmen weit weniger „mögliche Konzepte“ einem Konsumententest unterzogen. Das spart nicht nur Kosten, sondern auch Entwicklungszeit (Speed to Market). Nach der Erstellung der Produktkonzepte erfolgt eine Entscheidung und Priorisierung im „Go to Development“ Gate. Hierzu sind unter anderem die in Abbildung 3 dargestellten Gate-Kriterien im Detail ausgearbeitet. Gemeinsam mit einem finanziellen Business Plan werden diese dann vom Entscheidungsgremium überprüft und bewertet.

 

Handlungsempfehlungen

  • Setzen Sie die Konzeptgruppe interdisziplinär zusammen, organisieren Sie regelmäßige Treffen, schaffen Sie entsprechende kreative Freiräume und fordern Sie eine ausreichende Anzahl an Ideen ein.
  • Gates müssen zwingend durchlaufen werden. Definieren Sie gemeinsam mit dem Controlling verbindliche Kriterien und Zuständigkeiten für die Gate-Entscheidungen.
  • Sichern Sie mit Innovationskennzahlen eine ergebnisorientierte Sichtweise und Transparenz über die Innovationsleistung.
  • Geben Sie klare Erwartungen für den Ideenworkshop vor, damit sich die Kreativität der Teilnehmer zielgerichtet und effizient entfalten kann.
  • Entwickeln Sie ein tiefes Verständnis Ihrer Kundenwünsche und -bedürfnisse (Customer Insights) als Basis für die Priorisierung und die kundenorientierte Konzepterstellung und Entwicklung.

 

Fazit

Ein systematisches Innovationsmanagement gehört heute zum Standard in vielen Unternehmen der Ernährungsindustrie. Neben dem Wunsch nach der „großen Innovation“ versuchen die Unternehmen durch stetige und schrittweise Verbesserung, ihr Portfolio schneller als die Wettbewerber zu erneuern und dem Handel immer wieder Produkt-Renovationen zu präsentieren. Dabei kann durch die gezielte Gestaltung und Steuerung der Aktivitäten, gerade in den frühen Phasen des Innovationsprozesses, die Erfolgsaussichten signifikant verbessert werden.

 

Autoren:
Prof. Dr. Thomas Wunder
ist Professor für Unternehmensführung an der Hochschule Neu-Ulm (HNU).
Josef Bausch (MBA)
ist Industrieexperte und Geschäftsführer der Effizienzberatung Bausch Foodconsulting.

_Hochwald_Artikel_KLEINHochwald-Sprudel GmbH setzt auf kontinuierliche Effizienzsteigerungen

Vorteile für die Zukunftssicherheit – durch ein Programm der Effizienzberatung BAUSCH Food Consulting

Der anhaltende Wettbewerbsdruck in der Branche sowie steigende Kundenanforderungen zwingen die Unternehmen zu permanenten Verbesserungen.
Marco Schupp, Geschäftsführender Gesellschafter von Hochwald-Sprudel, setzt daher seinen begonnenen Weg der kontinuierlichen Modifikationen konsequent weiter in die Praxis um – gemeinsam mit der Effizienzberatung Bausch Food Consulting.
Streben Unternehmen wie Hochwald-Sprudel nachhaltig ein hohes operatives Exzellenzniveau (Operational Exzellenz) an, so durchlaufen diese alle Phasen eines Lean-Effizienzsteigerungsprogramms.

 

Schritt 1: Initiierung und Bewusstseinsbildung
Vor dem Start eines Effizienzsteigerungsprogramms ist es wichtig, die konkreten Ziele des Unternehmens festzulegen. Ergebnisse, die damit erreicht werden, sind:

  • – Kontinuierliche Einsparungen (Jahr für Jahr)
  • – Permanente Verbesserung auch der nichtmonetären Kennzahlen in allen Organisationsbereichen
  • – Stetige Weiterentwicklung der Fähigkeiten sowie Erhöhung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und Führungskräfte.

Für Schritt 1 wurden bei Hochwald-Sprudel zwei Tage aufgewendet. Er endete mit einem gemeinsam erstellten Projekt-Design (Konzept) sowie zugehörigen Kick-off-Präsentationen und Kurzschulungen für die Führungsebene. Ein maßgeschneidertes Konzept baut generell auf „Vorhandenem“ auf. Der Geschäftsführer des Familienunternehmens hatte mit seinem Team bereits eine Reihe von Verbesserungsprojekten initiiert. So wurde schon vorab intensiv an Energieeinsparungen, Schwundreduktion, Verbesserung der  Informationswege, Reduktion von Rüstzeiten, _lean_effizienzinsbesondere Formatwechsel, sowie an der konsequenten Verbesserung von vielen „kleinen Problemen“ gearbeitet. Neben dem notwendigen Engagement des Top-Managements wird in dieser Phase auch die Akzeptanz bei den jeweiligen Betriebs- bzw. Bereichsleitern und beim Betriebsrat hergestellt.

Bild links: Das LEAN-Effizienzsteigerungsprogramm ist abgeleitet von der LEAN Production (Schlanke Produktion), einem Ansatz, der die Prinzipien einer schlanken Organisation betont – ursprünglich gedacht für die Automobilindustrie.

 

„Unsere größte Herausforderung war, dass die üblichen Lean-Methoden aus der Automobilindustrie stammen. Die erforderliche Anpassung auf unsere Branche bzw. auf unser Unternehmen erforderte viel Geduld und Arbeit. Die langjährige Branchenerfahrung sowie das Expertenwissen zum Thema Effizienzsteigerungen von Bausch Food Consulting, hat uns hier sehr geholfen. Mit dem gezielten Intensivprojekt konnten wir zudem sehen, wo wir stehen und gleichzeitig weitere Effizienzpotentiale erschließen“, so Marco Schupp, Geschäftsführender Gesellschafter bei Hochwald-Sprudel.

 

Schritt 2: Potenzialanalyse & kurzfristige Einsparungen
Die Potenzialanalyse wurde im Werk Schwollen mit sechs Führungskräften aus den Werken Schwollen und Thalfang sowie mit zwei Experten von der Effizienzberatung Bausch Food Consulting durchgeführt und dauerte zwei Wochen. Durch die Einbindung der Führungskräfte nutzt man das vorhandene Wissen, schafft Transparenz, erhöht den Umsetzungserfolg, entwickelt die Führungskräfte weiter und schafft insgesamt eine positive Resonanz für die anstehenden Effizienzverbesserungen. Während der Potenzialanalyse wurden Untersuchungen zu unterschiedlichen Themen durchgeführt. Typischerweise beinhalteten diese unter anderem eine Verschwendungs- und Wertstromanalyse, Engpass- und Auslastungsstudien sowie Studien zur Reduzierung von Downtimes. Im Fokus waren jeweils zwei PET- und Glaslinien sowie der Sirupraum. Besonderes Augenmerk bei der Verlustanalyse wurde auf die „Grundstoffe“ gelegt. Zusätzlich wurden mittels Interviews und gemeinsamen Betriebs- bzw. Abteilungsbegehungen  Verbesserungspotenziale aufgedeckt. Dabei wurden kurzfristige Verbesserungen und Einsparungen von den Führungskräften sofort umgesetzt und mittel- bzw. langfristige Verbesserungsprojekte initiiert. _Hochwald_Artikel_2Für eine gemeinsame Ausrichtung und die effektive Umsetzung des aufgedeckten Verbesserungspotenzials wird im Anschluss an die Analyse im Team ein Masterplan erarbeitet. Viele Unternehmen nutzen auch einen Teil der in diesem Schritt realisierten Einsparungen, um mit der kontinuierlichen Verbesserung zu starten. Die hohe Bereitschaft seiner Mitarbeiter erklärt Marco Schupp so: „Einfach mal Lean machen funktioniert nicht. Sie müssen es wollen, leben und sich immer bewusst sein, dass sie sich auf einem nicht endenden Weg befinden.“

Bild links: Im Fokus der Effizienzsteigerung bei Hochwald-Sprudel standen jeweils zwei PET- und Glaslinien sowie der Sirupraum.

 

Schritt 3: Kontinuierliche Verbesserungen
Hauptbestandteile eines kontinuierlichen Programmes, bei dem der Großteil der Führungskräfte und Mitarbeiter eingebunden werden, sind neben dem Masterplan kennzahlenbasierte Besprechungen in allen Abteilungen. Dabei beginnt man mit der gemeinsamen Erarbeitung der Agenda, Spielregeln und relevanten Kennzahlen sowie der zugehörigen Visualisierungsprinzipien. Weitere Elemente der täglichen kennzahlenbasierten Besprechung sind neben der Problemeskalation auch Aktionswände zur Nachverfolgung kurzfristiger Maßnahmen. Die intensive Schulung der Vorgesetzten zu den Themen Coaching und situatives Führen ist ein weiteres wichtiges Element innerhalb des kontinuierlichen Ansatzes. Parallel dazu beginnt man mit der Etablierung der  Problemlösekultur. Bei Hochwald-Sprudel läuft bereits seit circa zwei Jahren ein Schulungsprogramm von der Effizienzberatung Bausch Food Consulting zu den Themen „Führungsexzellenz mit Coaching und situatives Führen“ sowie zu dem Thema „Einführung einer Problemlösekompetenz“. Gerade zu dem letzten Punkt wurden in dem Effizienzsteigerungsprojekt intensiv Grundursachenanalysen der Hauptstörungen aller Linien durchgeführt. Zusammen mit den „Basis DMAIC’s der Methode Six Sigma“ führt dies unter anderem zu einer höheren Linienleistung und zu einem „ruhigeren Lauf“ und damit auch zu einer besseren Qualität der Produkte.

 

„Das Schönste ist zu sehen, wie Mitarbeiter an ihren Aufgaben wachsen. Effizienzsteigerung ist nicht nur eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, es erleichtert auch den Arbeitsalltag der Führungskräfte und Mitarbeiter und trägt damit maßgeblich zur Zufriedenheit bei“, freut sich Schupp.

 

_Hochwald_Artikel_3Ein kontinuierliches Effizienzsteigerungsprogramm kann je nach Priorität in der Produktion und Technik oder im administrativen Bereich begonnen werden. Um das gesamte Potenzial des Unternehmens zu heben, ist es wichtig, auch das komplette Unternehmen einzubinden. Je nach Priorität bzw. dem Projekt-Design startet man dann auch etwas zeitversetzt mit den „Prozessoptimierungen durch die eigenen Mitarbeiter“ in der Produktion und den Zentral- bzw. administrativen Bereichen.

 

Fazit
Operative Exzellenz lässt sich nachhaltig nur durch die kontinuierliche Bearbeitung aller Effizienzfelder sowie die zielgerichtete und systematische Einbindung und Entwicklung möglichst vieler Mitarbeiter und Führungskräfte erreichen. Nur dann schafft man es, sich in Sachen „Effizienz“ vom Wettbewerber abzuheben.

 

Autoren: Marco Schupp (Geschäftsführender Gesellschafter Hochwald-Sprudel GmbH)
und Josef Bausch (Geschäftsführer der Effizienzberatung Bausch Foodconsulting)

Internationale_Studenten

Internationale Studenten der Hochschule Neu-Um arbeiten für Unternehmen der Ernährungsindustrie.

Zum 4.Mal arbeiten internationale Studenten der Hochschule Neu-Um im Fach „International Case Studies“ für Unternehmen der Ernährungsindustrie.
Thema: Marktanalyse und Entwicklung eines (vorläufigen) Marketing Plans für die Einführung eines Produktes in einem ausländischen Zielmarkt.
Teilnehmer der letzten Jahre waren: Südzucker, Lambertz, Dallmayr, Dr. Suwelack, Steinhaus, Karwendel, Ciemseer (BHI), Berglandmilch und Martin Bauer.

Die Studie ist natürlich für die Unternehmen kostenfrei. Sie unterstützen damit vielmehr die praxisnahe Ausbildung unserer Führungsnachwuchsebene.

operative_ProduktionOperative Produktionsplanung im Dilemma zwischen Flexibilität und Kostenfokus

Planungsabläufe führen zu höheren Kosten sowie zu reduzierter „Freshness“ der Produkte

Nach einer aktuellen Studie von der Effizienzberatung Bausch Food Consulting zeigt sich, dass 99% der befragten Unternehmen fehlerfreien Planungsprozessen eine hohe Bedeutung zuweisen. Nur 40% hingegen, sind mit den Planungsergebnissen zufrieden Dieser Beitrag stellt die wichtigsten Gründe dar und erklärt Stellschrauben zur Verbesserung der operativen Planung.

Josef Bausch (MBA), Dr. Ing. Jörg Priese

Die Situation ist geprägt durch steigende Variantenvielfalt und kürzere Lieferzeiten

Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist seit Jahren durch eine steigende Variantenvielfalt geprägt. Der Endverbraucher erwartet eine große Auswahl von Produkten mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, Inhaltsstoffen und Verpackungsgrößen. Für die meisten Hersteller reduzieren sich dadurch die Losgrößen von Jahr zu Jahr.

 

Ziele und Dilemma der Produktionsplanung

Die operative Produktionsplanung und -steuerung hat das Ziel wirtschaftlich optimal die Produktion zu planen und die benötigten Materialien zu disponieren. Das beinhaltet eine hohe Liefertreue, kurze Lieferzeit, niedrige Bestände sowie eine gleichbleibend hohe Auslastung der einzelnen Herstellungsstufen (siehe Abbildung). Da die einzelnen Ziele z.T. gegenläufig sind, ergeben sich dadurch zwangsläufig Zielkonflikte.

 

Abb1

Stellschrauben und Methoden zur Optimierung der Produktionsplanung

Was machen die Champions anders auf dem Weg zur operativen Exzellenz? Zur Beantwortung dieser Fragestellungen werden in diesem Kapitel, auf Basis der Studienergebnisse sowie den Erfahrung der Autoren, Wege aufgezeigt, die zu einer Verbesserung der Planungsergebnisse führen.

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